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adolph knigge

Wer war eigentlich Adolph Knigge?

Nein – wir werden nicht an dieser Stelle Wikipedia zu Knigge rezitieren. Auch möchten wir keinen automatisierten Text aus einem KI-Texterstellungstool zum Besten geben. Das würde sich mit Blick auf den Namen Knigge auch gar nicht gehören. Und damit sind wir auch bereits beim Thema: Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr von Knigge: Der Name, der zu Unrecht für Anstand und feine Manieren steht.

Zuviel der Ehre?

Dass Adolph Knigge aus Bredenbeck bei Hannover einer sehr reichen Familie entstammt, stimmt nur zum Teil. Und dass er seinerzeit die heute so bekannten und oft zitierten Benimmregeln aufgestellt hat, entspricht so gar nicht der Wahrheit. Dennoch wird seit dem späten 18. beziehungsweise dem frühen 19. Jahrhundert immer wieder auf „den Knigge“ verwiesen, wenn es um gute Umgangsformen oder schlicht um eine korrekte Kleidung oder gar die Besteckanordnung auf der Festtafel geht. Dabei hat – und damit greifen wir nun der Quintessenz dieses Beitrags sehr schnell vor – Adolph Knigge nie einen Benimmratgeber verfasst.

Knigge - Die raubeinige Waise in feinster Manier?

Knigge Über den Umgang mit MenschenWoher kommt aber nun dieses nicht ganz unbeachtliche Missverständnis? Knigge war seit seinem 14. Lebensjahr Vollwaise – gute, nachdrückliche Erziehung genoss er in den folgenden Jahren demzufolge sicher wenig. Beruflich verdingte er sich auch eher solide. Er schlug den Weg vom Bediensteten der Stadt über den Angestellten am Fürstenhof bis hin zum Schriftsteller ein. 1788 veröffentlichte der damals 36-jährige dann sein wohl bekanntestes Buch „Über den Umgang mit Menschen“. Dieses Werk war seinerzeit und ist auch heute umgangssprachlich unter der Kurzbezeichnung „Der Knigge“ bekannt.

Der eher arme Adlige begeisterte sich recht früh für freiheitliche Ideale der Aufklärung – und zwar im menschlichen Miteinander. Knigge suchte eine Antwort auf die Frage, wie jeder Mensch sein Leben glücklich und sinnerfüllt gestalten kann. Knigges Intention war es, mit diesem Buch eine Aufklärungsschrift für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen und Berufen zu schaffen. Das wirkte übrigens schon insofern absurd, da er durch seine eigensinnige Haltung häufig bei seinen Zeitgenossen aneckte. Inhaltlich war Knigge also weit entfernt von Tischmanieren, Gedeck-Anordnung oder hierarchischen Anstandsregeln. Übrigens: Das „von“ strich er sehr früh bewusst aus seinem Namen. Er nannte sich selbst, angelehnt an den Titel „Freiherr“, nurmehr den freien Herrn Knigge.

Der Knigge war nicht immer ein Knigge

Es stellt sich somit die Frage: Wie wurde der Knigge denn nun zum Knigge, so wie wir ihn heute kennen? Der Grund dafür, warum man sein wichtigstes literarisches Werk mit der Anleitung zum manierlichen Leben gleichsetzt, ist eher profan. Nach Knigges Tod im Jahre 1796 ergänzte der Verlag das Buch „Über den Umgang mit Menschen“ um eine umfangreiche Sektion von Benimmregeln. Damit vereinte man de facto die Umgangsformen innerhalb unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen und das manierliche Miteinander in jedweder Standesgruppe sowie die Grundvoraussetzungen für das feine Darstellen von Stil.

Es war somit nicht das, was Knigge mit seinem Ursprungswerk bezweckte. Eher wollte er seine Mitmenschen über deren politische, soziale und geistige Unterdrückung aufklären. „Denn nur, wenn man ihnen den Spiegel vorhält und erläutert, wie man es „besser“ machen kann, werden sie sich selbst von den Geißeln der Oberen befreien und so eine bessere Gesellschaft schaffen.“ So dachte er jedenfalls. Wir können dennoch einiges von Knigge selbst und auch aus der Intention zu seinem berühmtesten Buch lernen: Ein angemessenes Miteinander, ein standesgemäßer Umgang und ein Minimum an Manieren sollten in unserer heutigen Zeit selbstverständlich sein. Vielleicht dringender denn je.

Illustrationen © Portret van Adolph, Freyherr von Knigge, RP-P-1914-550.jpg“ by Rijksmuseum  CC0 1.0.

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Eine Antwort

  1. Nein: ein „standesgemäßer“ Umgang war tatsächlich die Intention des Adolph Knigge. Auch wenn die Wikipedia ihn als „Aufklärer“ feiert und er zeitweise dem Illuminatenorden angehörte, so war er doch der Geisteshaltung des Biedermeier verhaftet, einer rückwärtsgewandten Ideologie des Vormärz, in der alles noch seine „alte Ordnung“ hatte: der Adel, das Bürgertum, der Bauernstand, in der Grenzüberschreitungen zwischen den Ständen – und zwischen den Geschlechtern – verboten waren und hart sanktioniert wurden. Vielleicht kann man etwas gegen plumben Populismus von ihm lernen: „Man wähle nicht vorzüglich den Umgang mit Leuten von gemeiner Erziehung, um etwa in diesen Cirkeln mehr geehrt, mehr geschmeichelt zu werden, und glaube nicht, daß man populär und natürlich sey, wenn man die Sitten des Pöbels nachahmt!“ Aber reichlich abgeschmackt wird es, wenn er warnt: „Man hüte sich aber vor grenzenloser Vertraulichkeit gegen solche Menschen, die keine feine Erziehung haben! Sie misbrauchen leicht unsre Gutwilligkeit, fordern immer mehr, und werden unbescheiden. Man gebe Jedem, so viel er zu ertragen vermag!“ In seinem Werk kann jede*r etwas finden, was gerade so passt. Dafür hat er seine politischen Hemden ud Fahnen gerade oft genug gewechselt, vom Freimaurer zum Verschwörungstheoretiker. Gute Manieren machen auch heute noch Sinn. Aber sie haben mit dem „ollen Knigge“ nichts mehr zu tun. Lassen wir Knigge da, wo er hingehört: im Bücherregal der verstaubten Zöpfe. Kümmern wir uns um gutes Benehmen in einer modernen Gesellschaft.

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